Die Regionalliga West versinkt derzeit im Chaos – Insolvenzanträge, Rückzüge vom Spielbetrieb und ein Rückzug des Lizenz-Antrags. Dies könnte dazu führen, dass es in diesem Jahr keinen sportlichen Absteiger aus der West-Staffel gibt.
Seit 2023 ist die Regionalliga West eine Profiliga mit einem verschärften Lizenzierungsverfahren. Was zur Professionalisierung der Liga gedacht war, ging in dieser Saison nach hinten los. Mit der Einstellung des Spielbetriebs von Türkspor Dortmund und dem KFC Uerdingen stehen seit April die ersten beiden Absteiger aus der Regionalliga West fest. Nun zog auch der 1. FC Düren seinen Lizenzantrag für die kommende Saison zurück und wird sich zum Saisonende als dritter Absteiger aus der Liga verabschieden. Was daraus folgen könnte, verhöhnt den sportlichen Wettbewerb. Aus der Regionalliga West steigen regulär drei Teams pro Saison ab. Ein vierter Absteiger kann hinzukommen, wenn ein Verein aus Nordrhein-Westfalen aus der 3. Liga absteigt. Stand jetzt sieht es nicht danach aus. Zwar könnten mathematisch mit Essen, Aachen und Dortmund II noch drei Vereine absteigen, realistisch kommt dafür wohl maximal die Zweitvertretung des BVB in Frage.
Das Missverständnis Türkspor Dortmund
Los ging das derzeitige Chaos in der Regionalliga West im vergangenen Sommer. Türkspor Dortmund stieg erstmals in seiner Vereinsgeschichte in die Regionalliga auf. Von Beginn zeigte sich, dass die Regionalliga eine Nummer zu groß ist für den TSD. Neben sportlichen Schwierigkeiten stand dabei vor allem die Stadion-Odyssee im Mittelpunkt. Weil das heimische Stadion am Mendeplatz nicht regionalligatauglich ist und die angegebene Ausweichspielstätte, das Ischelandstadion in Hagen, nicht rechtzeitig fertig wurde, trug Türkspor Dortmund seine ersten Heimspiele in Velbert aus. Auch das Spiel gegen Fortuna Köln sollte in Velbert stattfinden. Doch Türkspor wollte aufgrund der hohen Mietkosten nicht mehr in der IMS Arena in Velbert antreten und verlor somit kampflos die Punkte an Fortuna Köln. Im März zog sich der Tabellenletzte dann überraschend mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb zurück. Nach nur einem Sieg in 24 Spielen endete die erste Regionalliga-Saison der Vereinsgeschichte frühzeitig, alle Ergebnisse wurden aus der Wertung genommen. Der erste Absteiger aus der Regionalliga West stand fest.
Die Uerdinger Problem-Grotifanten
Als Chaos-Klub bekannt ist der KFC Uerdingen. Der DFB-Pokal-Sieger von 1985 hat seit Jahrzehnten mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Im Sommer 2024 stiegen die Krefelder aufgrund des Verzichtes der SpVg Schonnebeck und der SF Baumberg als Tabellendritter in die Regionalliga auf. Der zu Saisonstart verpflichtete Sportdirektor Adalet Güner wurde bereits Anfang Oktober wieder entlassen. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, was im Januar dann offiziell wurde: das Finanzamt Krefeld stellte beim Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den KFC Uerdingen. In die Saison ist der Verein mit einem Minus von 600.000 Euro gestartet. Im Oktober war die Summe bereits auf eine Million Euro angewachsen. Die Prognosen erwarteten einen Schuldenberg von 2,2 Millionen Euro bis Saisonende. Am 1. April eröffnete das Amtsgericht ein Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Knapp drei Wochen später zog der bestellte Insolvenzverwalter den Verein mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb zurück und stellte alle Spieler frei. Der zweite Absteiger aus der Regionalliga West stand fest.
Die Farce des 1. FC Düren
Der dritte Verein im Bunde ist der 1. FC Düren. Bereits 2023 stand der Verein kurz vor dem Ende in der Regionalliga, da die Dürener keine regionalligataugliche Spielstätte für die Saison 2023/24 benennen konnten und ihnen somit die Zulassung für die kommende Spielzeit vorläufig verweigert wurde. Dieses Problem konnte aus dem Weg geräumt werden und der FCD kann seine Heimspiele mittlerweile auch wieder auf der heimischen Westkampfbahn austragen. In der Folge häufte der Verein Schulden in Millionenhöhe an und musste im März 2025 einen Antrag auf Insolvenz stellen. Die Spieler verließen den Verein, der anschließend mit einem Spielercasting eines Influencers für Schlagzeilen und Diskussionen sorgte und zum Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung führte – auch von den Ligakonkurrenten. Im Vergleich zu Türkspor Dortmund und dem KFC Uerdingen nimmt Düren derzeit noch am Spielbetrieb teil und will die Saison sportlich beenden. Trotz des Insolvenzantrags stellte der 1. FC Düren im März einen Lizenz-Antrag für die Regionalliga West 2025/26. In der vergangenen Woche zogen die Dürener den Antrag zurück und stehen seitdem als dritter Absteiger aus der Regionalliga West fest.
Die Regionalliga West am Scheidepunkt
Die drei regulären Abstiegsplätze in der Regionalliga West werden somit allesamt von Vereinen aus wirtschaftlichen Gründen belegt. Eine Entwicklung, die der Liga Sorgen bereiten muss und nicht aus dem Nichts kommt. In den vergangenen Jahren haben die großen Traditionsvereine die Missstände der Liga überdeckt. Rot-Weiss Essen, Preußen Münster, Alemannia Aachen und der MSV Duisburg waren Zuschauermagneten für die Liga. Der MSV Duisburg hob mit spektakulären Zuschauerzahlen die Liga in der laufenden Saison regelmäßig in die Schlagzeilen und überdeckte so die Berichterstattung über das Chaos in der unteren Tabellenhälfte. Mittlerweile haben alle vier genannten Vereine den Sprung in die bundesweiten Spielklassen geschafft. Beim Blick auf das Teilnehmerfeld der neuen Saison fehlt der Liga somit ein Zugpferd.
Sieben 2. Mannschaften in der Regionalliga West?
Stattdessen droht ein weiteres Szenario. Bereits in dieser Saison spielen fünf Zweitvertretungen von Erst- und Zweitligisten in der Regionalliga West. Nach aktuellem Tabellenstand haben drei bereits den Klassenerhalt geschafft, nur Schalke II ist ernsthaft in Bedrängnis. Derweil schickt sich der VfL Bochum an, mit seiner Zweitvertretung einen der beiden Aufstiegsplätze in der Oberliga Westfalen zu belegen. Sollte zudem Borussia Dortmund II noch absteigen, wäre die Maximalzahl von sieben Zweitvertretungen in der Regionalliga erreicht. Fast 40% des Teilnehmerfelds der Regionalliga West bestünde dann aus 2. Mannschaften. Der Liga droht ein ernsthaftes Attraktivitätsproblem. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen beim Westdeutschen Fußballverband ihre Schlüsse aus der Chaos-Saison ziehen und die richtigen Schritte für die Zukunft der Liga einleiten.
Autor: Moritz Schneider
Quelle: Die falsche 9
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Aber immer einen festen Aufsteiger in die 3. Liga….finde den Fehler 😬